Wie kommt die Gartenkreuzspinne aus dem Museum für Naturkunde in einen Glaswürfel?

Foto©: Hwa ja Götz | Araneus diadematus im Glaswürfel

Wie lassen sich Inhalte aus der Museumssammlung der Öffentlichkeit präsentieren? Wie können sie möglichst detailgetreu mit Souvenircharakter dargestellt werden? Eine Geschichte über ein originäres Sammlungs- und Forschungsobjekt aus dem Museum für Naturkunde – abgebildet im Glaswürfel zum Mitnehmen

von Susanne Schmitt

Das Projekt „Neue Ansätze der Verwertung und Wissenskommunikation für Forschungsmuseen (NAVI für Forschungsmuseen)“ analysiert Möglichkeiten der Verwertung und Nachnutzung digitaler Inhalte aus dem Museum für Naturkunde. Eine besonders spannende Kategorie von Digitalisaten bilden dabei 3D-Oberflächendaten, die durch Scannen des Objekts im hauseigenen Mikro-Computertomographie-Labor erstellt werden können. Durch diese Technik lassen sich die Objekte mit allen äußerlichen Details in einer 360°-Perspektive digital abbilden.

Ausschnitte der digitalen 3D-Ansicht

3D-Oberflächendaten lassen sich besonders gut verwenden, um sie wiederum in ein analoges Objekt umzuwandeln, welches mit nach Hause genommen werden kann. Aus diesem Grund wurde auch am Museum für Naturkunde, im Rahmen des Forschungsprojektes beschlossen, diese Art von Digitalisaten zu verwenden. Mit Hilfe der digitalen Daten kann ein Produkt erstellt werden, welches beispielhaft Sammlungsobjekte in einer besonders schönen Form detailgetreu der Öffentlichkeit präsentiert.

Nachdem die Art des Digitalisats ausgewählt wurde, erfolgte die Motivwahl. Schnell stellte sich dabei eine Kreuzspinne als geeignet heraus. Sie hat eine gute Größe zum Scannen und außerdem liegen schöne Trockenpräparate des Tieres in der Spinnensammlung des Museums vor. Die Kreuzspinne hat darüber hinaus einen festen Platz in der Dauerausstellung des Museums für Naturkunde in Form eines vergrößerten Modells (Verhältnis 1:20). Dieses Originalwerk des bekannten Modellbauers Alfred Keller entstand 1951.

Foto©: Carola Radke | Modell von Alfred Keller in der Ausstellung des Museums für Naturkunde Berlin

Kreuzspinnen, und vor allem Gartenkreuzspinnen (Araneus diadematus), sind häufig vorkommende einheimische Spinnen. Sie gehören zur Familie der echten Radnetzspinnen (Araneidae), nutzen ihre Fangnetze zum Beutefang und leben quasi am seidenen Faden. Weiterhin ist die Sammlung der Spinnentiere (Arachnida) und Tausendfüßer (Myriapoda) am Museum für Naturkunde eine der größten und historisch bedeutendsten Sammlungen ihrer Art in ganz Europa. Sie umfasst ca. 250.000 Objekte, davon 5.110 Typen (Originalobjekte zur Erstbeschreibungen der Art), verteilt auf 20.600 Alkoholgläser, 7.400 Trockenpräparate und 27.300 Mikropräparate. Der geographische Fokus liegt in Deutschland, Mitteleuropa und der Balkanhalbinsel. Aktuelle Forschungsprojekte am Museum für Naturkunde befassen sich mit der Beschreibung ausgestorbener Spinnentiere und dessen Vergleich mit ihren modernen Verwandten. Auch werden der Körperbau von Spinnentieren und seine Bedeutung für die Evolution und Verwandtschaft der verschiedenen Spinnentierordnungen untersucht.

Im Rahmen des Forschungsprojektes wurde ein gut erhaltenes Exemplar einer Kreuzspinne ausgewählt und im Mikro-CT-Labor gescannt und bearbeitet, sodass die Oberflächendaten der Kreuzspinne in einen Glaskörper gelasert werden konnten. Dieses Verfahren wurde an eine externe Produktion in Auftrag gegeben.

Foto©: Susanne Schmitt | Trockenpräparat der gescannten Gartenkreuzspinne

Die Spinne im Glaswürfel kann seit Dezember 2017 im Shop des Museums für Naturkunde Berlin erstanden werden. Dazu erhalten Interessierte einen Flyer, in dem die Entstehungsgeschichte beschrieben wird. Auch die beteiligten Akteure und Abteilungen des Museums werden vorgestellt, denn viele BesucherInnen wissen gar nicht von den zahlreichen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die hinter den Ausstellungskulissen zu den Sammlungen und Themen wie beispielsweise Biodiversität, Meteoriten und Wissenskommunikation forschen. Der Glaswürfel mit dem Objekt aus den Sammlungen ist ein Stellvertreter für die Forschung, die Sammlungen und Ausstellungen sowie die Zusammenarbeit der MitarbeiterInnen ganz unterschiedlicher Bereiche und Abteilungen am Museum für Naturkunde Berlin.

Dieser Prozess der Zusammenarbeit zwischen den Akteuren und die Koordinationsabläufe gliederten sich dabei folgendermaßen:

  • Absprache mit Museumsshop über Idee, Produkt und Preis
  • Recherche einer geeigneten Glasproduktionsfirma
  • Auswahl eines geeigneten Motivs in der Sammlung
  • Scanvorgang der Kreuzspinne im Mikro-CT-Labor inklusive Datenbereinigung
  • Erstellung eines Flyers in Zusammenarbeit mit Fotografinnen und Grafikabteilung
  • Absprache mit der Finanzabteilung über Formalitäten

Zu den Zielen, welche mit dieser Produktidee der gelaserten Spinne im Glaswürfel aus Projektsicht verfolgt werden, gehört eine erhöhte Sichtbarkeit und Nutzung von Museumsinhalten. Auch die Bindung der Besucher ans Museum kann durch ein schönes Produkt gesteigert werden, welches auf Inhalte der Sammlung und Forschung und auf die Ausstellung des Museums zurückzuführen ist. Außerdem können über den Verkauf Einnahmen generiert werden, welche an das Museum zurückfließen

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